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Lohntransparenz: Game-Changer für Mitarbeitende und Unternehmen
Über Löhne spricht man nicht in der Schweiz, oder doch? In der Vergangenheit machten nicht nur Manager:innen ein grosses Geheimnis aus ihrem Salär. Das hat sich in den letzten Jahren allmählich geändert. Seit sich die Schweiz der EPIC (Equal Pay International Coalition) der UN (United Nations) angeschlossen hat, ist Lohntransparenz in aller Munde. Sie soll vor allem Lohndiskriminierung verhindern. Gleiche Arbeit muss gleich bezahlt werden. Herkunft, Geschlecht und Überzeugung dürfen dabei keine Rolle spielen. Wie Lohntransparenz zum Game-Changer für Mitarbeitende und Unternehmen wird.
Lohntransparenz: Wie transparent ist die Schweiz?
Im Rahmen eines Forschungsprojekts setzte sich die Universität Luzern mit dem Thema Lohntransparenz auseinander. Die «Vergütungs- und Lohntransparenz-Studie» bildet Unternehmen in der gesamten Schweiz ab. Allerdings sind die Stichproben nicht repräsentativ, da grosse Unternehmen überproportional vertreten sind. Sie gibt jedoch einen guten Einblick in die Lohntransparenz von Schweizer Betrieben.
Im Schlussbericht sind die Ergebnisse zur Lohntransparenz und Vergütungspolitik dargestellt. Dabei unterscheiden die Wissenschaftler drei Formen der Lohntransparenz:
- Distributive Lohntransparenz: zeigt auf, inwieweit das Unternehmen individuelle Löhne offenlegt.
- Kommunikative Lohntransparenz: weist darauf hin, inwiefern Unternehmen ihre Mitarbeitenden offen über Löhne sprechen lassen.
- Prozedurale Lohntransparenz: führt auf, in welchem Umfang das Unternehmen darüber informiert, wie es Löhne festlegt.
Die Ergebnisse vermitteln einen guten Überblick zur Transparenz in Schweizer Unternehmen. Am transparentesten sind Betriebe in Bezug auf:
- Lohnnebenleistungen
- Grundgehalt
- Lohnerhöhungen
- variable Vergütung
- individuelle variable Vergütung
Wie Lohntransparenz die Jobzufriedenheit steigert
Lohntransparenz trägt dazu bei, dass sich Mitarbeitende gerecht behandelt fühlen. Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit fördert den sozialen Frieden und damit die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Allein die Tatsache, dass jede:r offen über den eigenen Lohn sprechen darf, wirkt sich positiv aus. Die kommunikative Lohntransparenz ist Teil einer offenen Unternehmenskultur. Sie kommt weitestgehend ohne Restriktionen aus und schränkt daher Mitarbeitende kaum ein. Durch eine transparente Lohnpolitik erstickt der Kader aufglimmenden Unmut im Keim. Wer sich über eine leistungsgerechte Vergütung keine Gedanken machen muss, kann sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.
Inwieweit sich Lohntransparenz auf die psychologische Gesundheit von Mitarbeitenden auswirkt, zeigt das Modell von FWG (Familie Wiesner Gastronomie AG). Manuel Wiesner, Inhaber und einer der Pioniere eines transparenten Lohnsystems, führte in seinem Unternehmen einen Lohnrechner ein. Mit dessen Hilfe erfahren Bewerber:innen ihre genaue Lohnhöhe anstatt eine Bandbreite. Jede:r Mitarbeitende findet zudem auf Nachfrage heraus, was Kolleg:innen verdienen. Manuel Wiesner ist davon überzeugt, dass durch die offene Lohnkommunikation Missgunst und Neid in seinem Unternehmen verschwunden sind. Unter den Mitarbeitenden herrscht eine entspannte Atmosphäre. Sie konzentrieren sich auf ihre Arbeit anstatt auf Grabenkämpfe. Für die psychische Gesundheit ist das wesentlicher Faktor. Daher sieht Manuel Wiesner Lohntransparenz als wichtiges Puzzleteil eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM).
Vorteile von Lohntransparenz: Fairness und Motivation im Arbeitsumfeld
Lohntransparenz bedeutet nicht, dass alle Mitarbeitenden gleich verdienen müssen. Sie stellt aber ein klar verständliches Lohnsystem in den Mittelpunkt. Ein fairer Lohn hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen zum Beispiel:
- Anforderungsprofil
- Ausbildung
- Erfahrung
- Verantwortung
- Weiterbildung
Ein transparentes Lohnsystem zeigt allen Mitarbeitenden sofort, wie er oder sie eingestuft ist. Gleichzeitig sieht jede:r, welche Hebel für Lohnsteigerungen vorhanden sind. Das Salär hängt dadurch von nachvollziehbaren Faktoren ab und nicht davon, wie gut jemand verhandelt. Ein fairer, an die Leistung gekoppelter Lohn steigert die Motivation. Nebenbei fördert Lohntransparenz die Vertrauenskultur im Unternehmen.
Häufige Bedenken gegenüber Lohntransparenz: Mythen und Fakten
Neben Befürworter:innen der Lohntransparenz gibt es natürlich auch Gegner:innen. Die häufigsten Argumente dagegen sind, dass offengelegte Löhne Missgunst und Neid hervorbringen. Eine nachvollziehbare Behauptung, wenn kein transparentes Lohnsystem vorhanden ist. Mitarbeitende fühlen sich ungerecht behandelt, wenn sie die Gründe für ihre Lohneinstufung nicht kennen. Eine transparente Lohnpolitik vermittelt, dass ein Salär an Kriterien gekoppelt ist. Dazu gehören etwa Qualifikation, Erfahrung, Verantwortung und Weiterbildung.
Ein gern angeführtes Thema ist der Schutz von persönlichen Daten. Dem scheint die Lohntransparenz zu widersprechen. Einige Unternehmen nehmen sogar eine Verschwiegenheitsklausel in ihre Arbeitsverträge auf. Diese Vertragsklausel ist allerdings ungültig. Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden sind verpflichtet, eine rechtskonforme Lohngleichheitsanalyse durchzuführen – und das alle vier Jahre. Zudem müssen sie über die Ergebnisse informieren. Insofern steht die gesetzliche Regelung dem Schutz persönlicher Daten entgegen.
Lohntransparenz erfolgreich in der Praxis umsetzen
Lohntransparenz hat ihre Vorteile, aber auch Fallstricke. Als Game-Changer für Mitarbeitende und Unternehmen bedingt sie eine umsichtige Einführung. Ein Schnellschuss kann leicht zum Bumerang werden. Erfolgsfaktoren sind etwa:
- Analyse: Wie sieht die aktuelle Lohnstruktur aus? Gibt es ein transparentes Lohnsystem? Sind Spezialfälle oder Handlungsspielräume berücksichtigt? Wurden diskriminierende Faktoren ausgeschlossen wie Alter, Behinderung, Geschlecht, Herkunft oder Überzeugung.
- Transparenz Grundgehalt: Welche Faktoren haben Einfluss auf das Grundgehalt (Marktwert der Funktion, Liquidität des Unternehmens, Verhandlungsgeschick)?
- Transparenz Lohnerhöhungen: Welche Kriterien sind entscheidend für Lohnerhöhungen (variable Vergütung der Funktion oder des Teams, Leistungsbeurteilung, hohe Lebenshaltungskosten)?
- Fokussierter Kader: Ist das Management überzeugt von den Massnahmen zur Lohntransparenz und setzt sie überzeugt um? Ist eine offene Lohnpolitik in der Unternehmenskultur verankert? Kann der Kader Lohndifferenzen erklären? Überprüft er regelmässig das Lohnsystem und passt es bei Bedarf an?
- Einbezug Mitarbeitender: Alle Beteiligten und Betroffenen sind früh einzubeziehen, damit sie an einem Strang ziehen. Ein offener Umgang mit Löhnen kann ein tiefer Einschnitt in die Unternehmenskultur bedeuten. Im Change-Management können Schulungen dabei unterstützen, den Wandel zu verstehen und zu akzeptieren. Eine regelmässige Kommunikation begleitet den gesamten Prozess, der eine faire Vergütung sicherstellt.
Eine professionell umgesetzte Lohntransparenz führt zu zufriedenen, offenen und motivierten Mitarbeitenden. Als logische Konsequenz daraus sinkt die Kündigungsrate. Je beflügelter Mitarbeitende sind und ihre Energie einbringen, umso erfolgreicher wird das Unternehmen.
Geschickt verhandeln bei Lohntransparenz im Unternehmen
Eine gut umgesetzte Lohntransparenz baut darauf, dass Lohnverhandlungen überflüssig werden. Ein angemessenes Salär basiert auf einem transparenten Lohnsystem und nicht auf harter Verhandlungstaktik. Dies wiederum bringt Ruhe in eine Organisation. Niemand muss befürchten, dass Kolleg:innen ungerechtfertigt mehr verdienen.
Wie Lohntransparenz auf die Unternehmenskultur einwirkt: ein Ausblick
Lohntransparenz zahlt auf die Unternehmenskultur ein. Sie unterstützt Werte wie Respekt, Vertrauen und Wertschätzung. Schliesslich zeigt sie nachvollziehbar auf, wie sich ein Salär zusammensetzt. Unterschiedliche Vergütungen für die gleiche Arbeit mit identischen Voraussetzungen gehören der Vergangenheit an. Im Wettbewerb um Fachkräfte kann dies ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein. Für den Kader bedeutet es eine grosse Herausforderung. Er wird daran gemessen, faire Lohnsysteme einzuführen und beizubehalten. Diskriminierende Lohnunterschiede müssen identifiziert und beseitigt werden. Auf diese Weise schafft das Management Klarheit und die Basis für Fairness und Vertrauen. Ein erfolgversprechender Weg, um Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden.
Ein entscheidendes Erfolgskriterium ist ein passendes Lohnsystem. Es muss sich in die Unternehmenskultur integrieren und nicht künstlich aufgesetzt wirken. Mitarbeitende erwarten, dass Prozesse authentisch und transparent sind. Ob sie wollen oder nicht, Unternehmen befinden sich längst im Umbruch. Im digitalen Zeitalter sind Informationen öffentlich zugänglich und werden immer transparenter. Sowohl Mitarbeitende als auch Ex-Mitarbeitende teilen auf Plattformen Daten und Bewertungen. Dadurch werden Arbeitgeber attraktiv oder eher uninteressant. Sehen Betriebe dem Wandel passiv zu, könnten sie im Arbeitsmarkt zu den Verlierern zählen. Gehen sie hingegen Themen wie Lohntransparenz aktiv und systematisch an, haben sie die Kommunikation selbst in der Hand.
Lohntransparenz birgt für Unternehmen Chancen und Risiken. Jeder Betrieb ist individuell – wie seine Mitarbeitenden. Das Lohnsystem bildet die Unternehmensstruktur und -kultur ab. Wie offen das Unternehmen Löhne und Lohnnebenleistungen kommuniziert, entscheidet es selbst. Manche Bewerber:innen bevorzugen absolute Transparenz, andere wiederum bewahren sich kleine Geheimnisse. Entscheidend ist eine gerechte Lohnpolitik, die niemanden benachteiligt. Jedes Unternehmen muss einen Weg finden, um für Fachkräfte attraktiv zu bleiben oder zu werden. Die Vergütung ist nach wie vor ein wichtiger Grund, einen Job anzunehmen oder abzulehnen. Lohntransparenz kann daher ein Game-Changer für Mitarbeitende und Unternehmen sein. Bei erfolgreicher Umsetzung führt sie zu mehr Fairness, Motivation, Zufriedenheit und damit zu einer Win-win-Situation.